In Burbach sind Flüchtlinge vom privatem Wachpersonal zwei Wochen lang immer wieder misshandelt und gefoltert worden – niemand ist eingeschritten.
Die vorbestraften Wachleute vom privaten Dienstleisteranbieter European Homecare unterlagen keinerlei Kontrolle. Auch aus Essen und Bad Berleburg wurden jetzt ähnliche Taten bekannt.
Hier nur auf die Dienstanbieter zu zeigen, lenkt von der Schuld und dem Versagen von Politik und Verwaltungen ab. Sie haben die Entscheidungen getroffen, die diese Fälle möglich machen. Statt den Menschen Unterstützung durch SozialarbeiterInnen zu gewähren, wird gespart und Wachdienste mit schlecht bezahlten und grenzwertigen Mitarbeitern engagiert.
Die staatlichen Stellen vergeben Aufträge zum Betreiben von Unterkünften an den billigsten Anbieter. Wer kontrolliert denn hier, ob qualifiziertes und interkulturell geschultes Personal einstellt wird oder ob der Anbieter lieber auf gewaltbereite Schläger in schwarzen Uniformen zurückgreift?
In keinem Heim gibt es eine gesetzlich geregelte Heimaufsicht oder ein Zertifizierungssystem, wie wir es ja mittlerweile leider aus ganz vielen Bereichen kennen.
„Das ist die Folge der Entstaatlichung öffentlicher Aufgabenwahrnehmung, willkommen im schlanken privaten Staat! Hier werden Aufgaben der kommunalen Ebene an private Firmen vergeben, die wiederum private Sicherheitsdienste verpflichten“, erklärte der Bundesvorsitzende Rainer Wendt von der Deutsche Polizeigewerkschaft.
„Wenn in Flüchtlingslagern zwei Wochen lang durch einen privaten Sicherheitsdienst gefoltert wird, dann stimmt etwas grundsätzlich nicht. Aus der Not der Flüchtlinge wird ein Geschäft gemacht und an Sozialarbeitern gespart“, sagte Günter Burkhardt von Pro Asyl dazu.
Sie werden jetzt erleben, dass ihnen Politik und Medien zu erklären versuchen, dass angesichts des „plötzlichen“ Unterbringungsnotstands, Mindeststandards nicht mehr berücksichtigt werden könnten, weil man sie sich bei dem Ansturm nicht mehr leisten kann. Das bei einer solchen Haltung am Ende Misshandlungsfälle durch halbseidene Betreiber oder outgesourcte Wachschutzfirmen stattfinden, ist dann fast eine logische Folge.
Fragen von Tagesschau.de dazu an den Flüchtlingsforscher Kay Wendel :
tagesschau.de:Sind die Fälle in Nordrhein-Westfalen Einzelfälle oder könnten solche Misshandlungen in allen Flüchtlingsunterkünften in Deutschland passieren?
Wendel: Das sind keine Einzelfälle und es ist auch nicht neu: Wir hatten in Brandenburg vor längerer Zeit mal Flüchtlingsheime, bei denen im Wachschutz Nazis angestellt waren, die auch bei Gewalttaten gegen Ausländer aufgefallen waren.
Solche Misshandlungen können überall passieren und das liegt am System der Gemeinschaftsunterkünfte. Dort sind die Flüchtlinge nicht nur dem Personal ausgeliefert, sondern es kommt auch untereinander zwangsläufig zu Konflikten, auch zwischen verschiedenen Flüchtlingsgruppen. Das Leben in solchen Unterkünften ist permanenter Stress, es gibt Vandalismus, es gibt überhaupt keine Privatsphäre, manchmal werden Flüchtlinge zu viert oder zu sechst in einem Zimmer untergebracht. Deshalb treten viele Flüchtlingsorganisationen schon seit Jahren für eine möglichst schnelle Unterbringung in Wohnungen ein. Die muss natürlich durch neue Konzepte begleitet werden.
Quelle: tagesschau.de
*“Wir sind alle schockiert“, lautet die heutige Schlagzeile in allen gängigen Medien.