Am 6. Mai kamen zur ersten Flüchtlingskonferenz in Schleswig-Holstein mehr als 500 Teilnehmer in der Halle 400 in Kiel zusammen.
“Willkommen in Schleswig-Holstein! Integration vom ersten Tag an” – die Überschrift der Veranstaltung lässt auf richtige Schritte in der Zukunft hoffen.
Die Regierung hat mit Verbänden, Kreisen, Gemeinden, Städten, Wirtschaft, mit Wohnungsunternehmen und Hochschulen einen “Flüchtlingspakt” ausgearbeitet und das schriftliche Ergebnis dazu präsentiert.
Eine zentrale Formulierung des Paktes lautet “…aus Sie wird Wir“. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden zahlreiche Maßnahmen von den aufgeführten Beteiligten zusammengetragen, die zum Gelingen echter Integration führen können.
Co-moderiert wurde die Veranstaltung von dem Geflüchteten
Al-Ayham Mahfoud. Sein Auftritt vor so viel Publikum war souverän und unglaublich professionell. Al-Ayham ist einer von den Überfliegerdeutschschülern der ZBBS e.V. (Zentrale Bildungs- und Beratungsstelle für Migrantinnen und Migranten).
Er hat in nur 13 Monaten so perfekt Deutsch gelernt, dass er völlig tiefenentspannt die ganze Veranstaltung sicher durchmoderieren konnte.
Beeindruckend!
Für die dringend benötigten Sprachkurse in den Erstaufnahmestellen werden, laut Ankündigung, in Neumünster, Boostedt und ab Herbst in Kiel, Lübeck und Flensburg, zwei Millionen Euro Startkosten zur Verfügung gestellt.
Sorgenkind in dem ganzen vorgestellten Flüchtlingspaktpaket bleibt weiter das Handlungsfeld Gesundheit.
Selbst wenn jetzt die Gesundheitskarte kommt, die eigentlich schon für März angekündigt war, entfällt zwar die bürokratische Hürde vor dem Erstbesuch beim Hausarzt, in der medizinischen Versorgung ändert sich aber nichts. Geflüchtete haben weiterhin nur bei akuten Erkrankungen und im Schmerzfall Anspruch auf medizinische Hilfe.
So kommt es z.B. dazu, dass ein 30 jähriger Flüchtling nur Brei essen kann, da die Zahnbehandlung um wieder kauen zu können, leider nicht dazugehört.
Lediglich die vergammelten Stumpen der ehemaligen Zähne, die durch jahrelange Flucht unbehandelt blieben, dürfen gezogen werden.
Die Forderung nach Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle Menschen wird mit der Gesundheitskarte immer noch nicht erfüllt.
Die unschöne Realität, nach so viel schöner Theorie in der Hallo 400, hat einen dann auch schneller wieder eingeholt als gedacht.
Auf dem Rückweg von der Veranstaltung erreichte mich der Anruf, dass ein Flüchtling, der von uns betreut wird, seine dringend benötigte Physiotherapie nicht bezahlt bekommt. Die bereits geleisteten Therapiestunden werden ihm in Rechnung gestellt. Die Kosten soll er jetzt in Raten zurückzahlen, so wurde es angeordnet.
Denn ein Fehler im System wurde begangen: er hätte nicht nur das erste, sondern auch die beiden Folgerezepte abstempeln lassen müssen.
Der Mann hat mit den Folgen von Bombensplittern und Schussverletzungen in seinem Bein und Becken zu kämpfen, belegt per MRT und durch klare OP Befunde.
Trotz Schmerzen und der Kriegsbelastung hilft dieser Mann den anderen Flüchtlingen im Schusterkrug. Er hat sich selbst in der kurzen Zeit seiner Anwesenheit schon ein wenig Deutsch beigebracht. Er übersetzt und kümmert sich um die Belange anderer. Ohne Stempel.
Willkommen theoretisch und praktisch…
Die Angelegenheit konnte mittlerweile geklärt werden.
Kosten dafür: etliche Telefonate, Faxe, Nerven, viel Zeit von mehreren involvierten Personen, die anderweitig viel nötiger gebraucht wird. Hätte das Amt übrigens darauf bestanden, die Kosten nicht zu übernehmen, hat die Physiotherapiepraxis sich angeboten, aufgrund der Schwere der Verletzungen und aus Menschlichkeit, die Kosten für den Geflüchteten weiter zu tragen.
Vielen Dank dafür!